Rebenbotschaft
Winetasting Keller Mullineux & Leeu

Mullineux & Leeu Family Wines

Wie kann man mit einem Weingut ein kleines Vermögen machen? Mit einem großen. Zumindest dem Sprichwort nach, das mir irgendwann einmal vor die Füße gefallen ist. Bei meinem Besuch bei Mullineux & Leeu Family Wines musste ich heute an den Satz denken. Mehrfach & zwiegespalten.

Eigentlich handelt es sich bei Mullineux & Leeu Family Wines um zwei Weingüter in einem. Mullineux aus Swartland, gegründet von den beiden mehrfach ausgezeichneten Winemakern Chris and Andrea Mullineux auf der einen Seite. Auf der anderen Seite Leeu Passant aus Franschhoek, Teil der Luxusimperium Marke Leeu Collection des Inders Analjit Singh. Seine Milliarden hat Analjit Singh in Indien mit Lebensversicherungen, Immobilien, Mobilfunk und in der Pharmabranche gemacht. Unter der Marke Leeu Collection hat er in den letzten 14 Jahren Franschhoek entwickelt, also zum Luxus hin. Ähnlich wie Musik-, Luftfahrt-, und Telekommunikations-Multimilliardär, „Mr Virgin Group“, Sir Richard Branson, der Mont Rochelle Hotel & Vineyard sein Eigen nennen kann. Oder Laurence Graff, der mit seinem Reichtum aus dem Diamanten-Business heute das Weingut und Luxushotel Delaire Graff funkeln lässt.

Im Falle Mullineux & Leeu Family Wines traf es sich für die beiden Winemaker Chris and Andrea Mullineux vermutlich ganz gut, offiziell eine Partnerschaft mit Analjit Singh einzugehen. Was auch immer diese Partnerschaft bedeutet. Aber die eine Seite kann exzellenten Wein machen, die andere Seite hat Geld. Weil mehr zu dieser Partnerschaft eh nicht bekannt ist, gehe ich mal von einer Win-Win-Situation aus.

Geld und Luxus sind ersichtlich beim Besuch von Mullineux & Leeu Family Wines. Strenge Sicherheitskontrollen an der Einfahrt, Anfahrt entlang von Rosenfeldern zum Tasting-Raum, drin ganz viel dunkles Leder – und überall der Löwe, das Markenzeichen von Leeu.

Verkostungsraum von Mullineux & Leeu Family Wines

Das Weintasting bei Mullineux & Leeu Family Wines

Ich war unangemeldet an einem Montagmittag hier, würde nach meinem Besuch aber eine Reservierung empfehlen. Denn die Plätze sind begrenzt, vor allem aber nimmt sich das Personal erfreulich viel Zeit für seine Gäste. Wer das nicht gefährden möchte, reserviert einfach besser. Hier der Link direkt zu ihrer Webseite.

Zur Auswahl stehen drei verschiedene Weintastings. Das Mullineux Signature Tasting, bestehend aus zwei Weißweinen, zwei Rotweinen und einem Süßwein. Das Leeu Passant Tasting, bestehend aus einem Chardonnay und drei Rotweinen, darunter ihr Flagship Wein „The Leeu Passant“ , eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Cinsault. Als Drittes bieten sie das Mullineux Single Terroir Tasting an, mit Chenin Blanc und Syrah zwei Rebsorten, angebaut auf 3 verschiedenen Terroirs. Alle Weine wurden gleich ausgebaut, die beiden Rebsorten sogar jeweils am selben Tag gelesen, um den reinen Unterschied zu zeigen, der aus dem Terroir kommt. Das Single Terroir Tasting findet in zwei Flights statt, man verkostet also die beiden Chenins und die drei Syrah jeweils direkt gegeneinander. Keine Frage, für welches der drei Tastings ich mich entschieden habe. Vollkommen zurecht übrigens, wie sich gezeigt hat. Diese Experience war außerordentlich!

Die drei Böden von Mullineux in Swartland: Grant, Schiefer und Eisen
Die drei Böden von Mullineux in Swartland: Grant, Schiefer und Eisen

Spaß im Glas

Mullineux GRANITE Chenin Blanc 2022 und Mullineux SCHIST Chenin Blanc 2022 im direkten Vergleich. Wie gesagt, die Weine sind exakt gleich ausgebaut, lagen beide 11 Monate in der vierten Belegung von französischer Eiche. Die Trauben beider Weine wurden sogar am selben Tag zur selben Uhrzeit gelesen. Der Unterschied in den Aromen kann also nur aus dem Boden kommen. Und dieser Unterschied ist immens! Der GRANIT ist herrlich frisch, cremig, bringt Aromen von Kreide mit an den Gaumen, dazu Zitrusaromen und Grapefruit. Mit 12,5 Vol.% liegt er deutlich unter den 13,5 Vol.% des SCHIST, die man ihm anmerkt, aber nicht übel nimmt. Der SCHIST ist der größere Schluck Wein im Mund, er bringt etwas mehr tropische Früchte und eine herrliche Salzigkeit mit, sein Finish ist lang und erfrischend. Beide Chenins sind vollkommen verschieden, wirklich außergewöhnlich exzellente Weine, ich habe mir schwer getan, hier einen Favoriten zu finden. Unentschieden also.

Selbes Spiel mit den Syrah, wobei sich hier mit dem Mullineux IRON Syrah 2021 noch ein drittes Terroir in den Wettbewerb dazu gesellt. Alle drei Weine lagen 22 Monate im Holz, 50% davon neues Holz. Alle drei sind noch ziemlich jung, ich würde jedem von ihnen noch 3-5 Jahre im Keller geben. Der GRANITE Syrah kommt mit Aromen von Schokolade in die Nase, am Gaumen wirkt er noch etwas grün, die Tannen sind noch etwas harsch. Der SCHIST Syrah ist am Gaumen der samtigste unter den Dreien, aber insgesamt wenig aufregend dort. Diesen Part übernimmt der IRON Syrah. Was für eine Party am Gaumen! Blaubeere, Pflaume, Gewürze, florale Aromen, dazu Milchcafe. Das ist richtig guter Stoff, den dieser eisenhaltige Boden da fördert.

Zum Abschluss und zum Vergleich der „beiden Weingüter“ verkoste ich noch ihren Flagship-Wein, den Leeu Passant 2020. Das ist eine Cuvée aus jeweils 45% Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc, ergänzt um 10% Cinsault. Die Südafrikanische Variante des Bordeaux halt. Der Cinsault stammt aus dem ältesten registrierten Weinberg Südafrikas, das im Jahr 1900 angepflanzt wurde. Aus dem Glas kommen super intensive Aromen in die Nase, am Gaumen dominieren Bergamot Orange, Veilchen und schwarze Beeren. Schöne Frucht, schöne Frische, gut eingebundene Tannine. ich kann verstehen, warum sie auf diesen Wein stolz sind. Aber umgerechnet wirklich knapp 90 Euro? Da sind wir wieder beim Geld.

Chenin aus dem Terroirs Granit und Schiefer
Chenin aus dem Terroirs Granit und Schiefer

Fazit

Ich will ehrlich sein, ich bin ein wenig hin- und hergerissen über meinen heutigen Besuch auf dem Weingut. Da sind einerseits wirkliche Spitzenweine und mit dem Single Terroir Tasting eine sehr lehrreiche, anschauliche Erfahrung in Sachen Weinbau. Andererseits bauen zur Schau gestelltes Geld und Luxus für viele sicher Hürden auf, die ich ja eigentlich nicht will. Ich bin ja ein großer Freund der Demokratisierung von Wein, weg mit dem elitären Gehabe rund um Wein. Am Ende würde ich aber jedem tiefer interessierten Weinfreund das Single Terroir Tasting empfehlen, man nimmt wirklich viel mit davon!

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