Rebenbotschaft
Capensis Terasse

Capensis Wines

Das Leben findet statt, während man es gerade ganz anders plant. Oder anders – es ist voller Zufälle und Gelegenheiten. Und genau dieser Zufall hat uns an unserem zweiten Abend zu einem Chardonnay von Capensis geführt. Empfohlen hat ihn uns ein hervorragender Sommelier im Restaurant Oku in Franschhoek. Er hat uns nicht mehr und nicht weniger angekündigt als den besten Chardonnay der Welt. Das nenne ich mal ein boldes Statement. Aber was er ausgeschenkt hat, gehört tatsächlich in die Spitzenklasse dieser Rebsorte! Also musste die Gelegenheit zum Besuch des Weingutes her.

Die Heimat von Capensis Wines ist das Western Cape, in Paarl liegt das Arbeitszimmer, und die Fijnbosch Vineyards sind ihr Wohnzimmer. OK, das muss man vielleicht etwas erklären: Mastermind von Capensis ist Graham Weerts aus Kapstadt, der 1996 Jahre sein Weinbaustudium in Stellenbosch absolvierte. Die Zeit war geprägt vom Ende der Apartheid in Südafrika, die jungen Leute konnten endlich reisen. Also ging auch Graham Weerts unter anderem nach Kalifornien und arbeitete dort für Jackson Family Wines. Im Jahr 2014 zog es Weerts wieder zurück in seine Heimat. In seinem Gepäck ein klarer Plan und ein Deal mit den Besitzern von Jackson Family Wines: In Western Cape wollten sie Chardonnay machen. Und zwar ausschließlich. Aber Weine, die die vielen Facetten dieser einmaligen Weinbauregion und ihrer Terroirs widerspiegeln.

Das Herz ihrer Weine sind die Reben von Fijnbosch Vineyards, gelegen auf etwa 600 Höhenmetern in der Weinbauregion Stellenbosch. Hier auf der Farm wurde nach dem Erwerb in 2014 auch ihr Wohnzimmer, die Tasting Area als quasi Showcase eröffnet. Sie ist ein tolles Stück moderner, zurückhaltender Architektur in atemberaubender Natur. In diese Natur wollten sie keine komplettes Weingut mit Keller, Logistik und Maschinen bauen, also findet der Ausbau ihrer Weine in Paarl statt. Von weiteren Farmen aus den Regionen Overberg, Stellenbosch, Robertson und Klein Karoo beziehen sie zusätzlich genau die Qualität an Traubenmaterial, das für Graham Weerts die perfekte Bandbreite des Western Cape abbildet und ausmacht. Capensis – lateinisch für „from the Cap“.

Das Wohnzimmer von Capensis, die Verkostungslocation in den Fijnbosch Vineyards
Das Wohnzimmer von Capensis, die Verkostungslocation in den Fijnbosch Vineyards

Das Weintasting bei Capensis Wines

Nirgends ist eine Anmeldung zum Weintasting so eindeutig erforderlich wie hier. Erstens würde man das Weingut ohne Beschreibung gar nicht finden – und die Codes für die beiden Tore nicht kennen. Zweitens sind Weintastings klar reglementiert. Es finden pro Tag genau zwei Tastings statt, eines am Vormittag, eines am Nachmittag, jeweils exklusiv für eine Gruppe. Und wenn man, wie ich heute, alleine kommt, ist man halt alleine die Gruppe. Anmeldungen am besten direkt über ihre Webseite.

Begrüßt wurde ich von Hannah, die hauptberuflich Psychologie an der University of Cape Town lehrt, an zwei bis drei Tagen aber auch Weintastings begleitet. Was für eine Kombination! Und begleitet bedeutet in diesem Fall konkret, dass man gemeinsam mit ihr verkostet. Denn auch das Gespräch über den Wein gehört zur Philosophie von Winemaker Graham Weerts. Deshalb gibt es beim Tasting auch keine Verkostungsnotizen, sondern alles basiert auf den Beschreibungen der fünf verschiedenen Terroirs der Capensis Weine.

Weintasting bei Capensis Weines

Spaß im Glas

Capensis Silene 2021 wurde mir von dem Sommelier im Oku als ihr Einstiegswein präsentiert. Ein frischer, extrem gut zwischen gelben Steinfrüchten, Zitrusaromen und Holz balancierter Tropfen. Ein klein wenig cremig noch auf der Zunge, aber weit entfernt von den bulligen Neue Welt Chardonnays aus Butter, Butter, Butter und Holz. Schon hier wird klar, wohin bei Capensis die Reise geht – zurück ins klassische Burgund.

Daneben haben wir den Capensis Chardonnay aus den beiden Jahrgängen 2016 und 2019 verkostet. Während die Aromen schon bei Silene extrem intensiv aus dem Glas in die Nase strömten, ist das hier nochmal eine andere Liga. In diese Gläser muss man nicht reinriechen – selbst aus gut 20 cm Abstand zum Glas ist die Aromenfülle riesig. Am Gaumen beim 2019er Jahrgang Mandarine, Apfel, Zitrusfrüchte, gelber Pfirsich und eine salzige Mineralik. Der 2016er ein klein bisschen weniger fruchtig, eher leichte Grapefruit anstelle des Pfirsich, die Mineralik noch einmal ausgeprägter als beim 2019er. 2016 hat mir ein ganz klein wenig besser gefallen als der 2019er, aber beide müssen sich vor keinem Spitzenwein aus dem Burgund verstecken. Für mich in Südafrika auf einem Level mit Ataraxia aus dem Hemel-en-Aarde Valley.

Capensis 2016, 2019 und Capensis Silene 2021 in der Verkostung gegeneinander

Der Cellar Door Preis für den Capensis Sirene liegt bei 17/18 Euro, das ist ein sehr gutes Preis-Genuss-Verhältnis. Der 2019er Capensis Chardonnay liegt bei knapp 50 Euro, der 2016er Jahrgang bei umgerechnet etwa 55 Euro. Das ist ein gutes, ein faires Preis-Genuss-Verhältnis. Ihr Flagship Wein, Capensis Fijnbosch Chardonnay 2019, leider ausverkauft und daher nicht in der Verkostung, 100% aus Reben nur von der Farm hier, liegt bei 75 Euro pro Flasche. Je nach Anlass geht das noch, wenn man vor Ort einkaufen kann. Der Importeur in Deutschland verlangt dafür allerdings 125 Euro. Damit wäre dann meine Schmerzgrenze für einen Chardonnay überschritten, da ist dann auch der Anlass egal. Aber die 100 Kisten, die davon pro Jahr produziert werden, werden auch so ihre Abnehmer finden.

Aber unabhängig von der Preisdiskussion: Das hier war großes Kino, ich weiß, ich hatte mindestes einen der beiden besten Chardonnay im Glas, die ich hier in Südafrika je im Glas hatte.

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