Rebenbotschaft
Rosen und Reben am Weinwanderweg

Weinwanderweg durch Stuttgarts Weingärten

Für die Wanderfreunde unter den Weinliebhabern bietet die Weinbauregion Stuttgart zahlreiche besondere Weintripps. Am vergangenen Wochenende sind wir den Stuttgarter Weinwanderweg gewandert. Die Weinwanderung beginnt in Obertürkheim und verläuft über Uhlbach, Rotenberg und Untertürkheim. Der Ausflug in die Reben bzw. durch die Reben dauert etwa vier Stunden – ohne Pause. Am Ende standen etwa 13 km und umgerechnet 67 erklommene Stockwerke auf dem Display meines Handys. Eine Grundlage an Kondition sollte man also durchaus mitbringen für den Ausflug.

Der Weinwanderweg startet in Obertürkheim

Obertürkheim liegt quasi vor den Türen von Stuttgart. Die Anreise aus der Stadtmitte zum Bahnhof von Obertürkheim dauert sowohl mit dem Auto als auch mit der S-Bahn nur 15 bis 20 Minuten. Noch am Bahnhofsvorplatz beschreibt eine Tafel den Weinwanderweg und informiert über die geöffneten Besenwirtschaften entlang der Route.

Wegweiser am Bahnhof Obertürkheim
Wegweiser und Routenplaner durch die Weingärten und zu den Besenwirtschaften

Am Bahnhof von Obertürkheim angekommen überquert man die Hauptstrasse, biegt vor dem Hotel „Brita“ und nach dem Hotel rechts in die Uhlbacher Strasse ab. Ab hier beginnt der Weinwanderweg und die Reise in die Welt der Stuttgarter „Wengerter“, wie sich die Weingärtner hier nennen.

Ehemaliges Schultheißenwohnhaus am Weinwanderweg
Auch das bietet der Weinwanderweg: Fachwerkbaukunst aus dem 17. Jh. in der Uhlbacher Strasse

Kurz nach der (theoretischen) Möglichkeit einer ersten Einkehr im Sonnen-Besen des Weingutes Zaiß, geht es links Richtung die Kirchsteige hinauf. Der Anstieg zur Kirche und zum Friedhof hat es schon etwas in sich, zumal bei knapp 30 Grad. Nach (!) dem Anstieg bräuchte man eine Besenwirtschaft, nicht vorher. Aber wir sind noch frisch und verlassen die Ortschaft. Die letzten Ausläufer von Obertürkheim liegen rechts unter uns, vor uns liegen die Weinberge, deren Rebzeilen sich gen Himmel ziehen. In der Ruhe der Weinberge hören wir nur noch Zwitschern von Vögeln. Fast zumindest. Denn in der Ferne fangen plötzlich die Glocken des Rathauses von Uhlbach an, „Muss i denn zum Städele hinaus“ zu spielen. Ein wenig kitschig, aber unterm Strich doch ganz lustig, die kurzfristige musikalische Untermalung unseres Weintripps.

Auf dem Weinwanderweg Blick Richtung Uhlbach
Obertürkheim weitestgehend hinter uns, die weiten Weinberge vor uns

Weinbaumuseum Stuttgart in Uhlbach

Nach den ersten zwei Kilometern auf dem Weinwanderweg erreichen wir Uhlbach, hier genauer gesagt das Weinbaumuseum Stuttgart. Beheimatet in der „Alten Kelter“ bietet das Museum einen Überblick über 2.000 Jahre Weinbau, von der Römerzeit bis heute.

Der Weinwanderweg führt zum Weinmuseum und zum Rathaus in Uhlbach
Das Rathaus von Uhlbach und links das Weinmuseum, das 1979 aus der „Alten Kelter“ entstanden ist

Zwölf Themen  umfasst die Ausstellung, von der Geschichte des Weinbaus und Einblicken in die Arbeit der „Wengerter“ über Wissenswertes über Anbau und Rebflurbereinigung bis hin zu Schädlingsbekämpfung und der Lese des Weins.

Baumpresse im Weinbaumuseum Stuttgart
Zahlreiche historische Ausstellungsstücke lassen die Entwicklung der Weinbaugeschichte nachvollziehen

Nach einem Rundgang durch 2.000 Jahre Weinbaugeschichte und Weinkultur können in der museumseigenen Vinothek Stuttgarter Weine verkostet werden. Im monatlichen Wechsel stehen jeweils 20 Weine auf der Karte. Sie stammen natürlich alle aus den Weinlagen, durch die uns der Weinwanderweg führt.

Schautafeln erzählen die Geschichte des Weinbau in Stuttgart
Eine der zahlreichen Schautafeln informiert auf einen Blick auch über Weingüter von Stuttgart

Auf dem Weinwanderweg von Uhlbach nach Rotenberg

Neben der Vinothek im Weinbaumuseum laden in Uhlbach zahlreiche weitere Restaurants und Besenwirtschaften zu einer Pause ein. Da der Weg noch weit ist, begeben wir uns ohne Rast auf den weiteren Weg. Er verläuft rechts des Museums an der Pfarrkirche St. Andreas vorbei mit ihrem markanten, achteckigen Turm und den glänzend lasierten Dachziegeln. Nach einigen hundert Metern lassen wir Uhlbach hinter uns und gelangen in den meiner Meinung nach schönsten Teil der Weinwanderung. Denn die nächsten etwa drei Kilometer führen uns mitten in die Weinberge mit einem herrlichen Talblick hinter und dem Anblick der Grabkapelle Rotenberg vor uns. Die Kapelle thront auf dem Württemberg, hoch über den Weinbergen und der Stadt Stuttgart. Der Blick über die Stadt und das Neckartal zählt zu den schönsten Aussichtspunkten von Stuttgart – und genau daran ist die Stadt nun wirklich nicht gerade arm.

Aufstieg zur Grabkapelle auf dem Württemberg
Durch die Weinlandschaft bergauf nach Rotenberg und zur Grabkapelle auf dem Württemberg

Rotenberg und die Grabkapelle auf dem Württemberg

Die Grabkapelle ist ein Mausoleum, das König Wilhelm I. von Württemberg für Seite zweite Frau Katharina Pawlowna (1788–1819) errichten liess. König Wilhelm I. (1781–1864) selbst, sowie ihre gemeinsame Tochter Marie Friederike Charlotte von Württemberg (1816–1887) sind ebenfalls in der Grabkapelle bestattet. Ein Besuch des Kapellenraums und der Gruft ist absolut lohnenswert, nicht allein wegen der Pause, die zu diesem Zeitpunkt der Wanderung gut tut. Der Eintritt kostet 4 Euro für Erwachsene, Familien zahlen 10 Euro.

Weiter geht es in Rotenberg noch ein paar hundert Meter bergauf, bevor der Weinwanderweg nach links abbiegt und wir das Dorf wieder hinter uns lassen.

Weinderweg durch Rotenberg
Ehemaliger Weingärtner in Rotenberg
Rotenberg liegt über uns
Weinwanderweg unterhalb von Rotenberg in Richtung Untertürkheim

An dieser Stelle muss ich aber leider etwas Kritik üben. Ein Weinwanderweg zieht in der Regel an Wein und Weinbau interessierte Wanderer an. Für diesen Zweck finde ich die Inszenierung des Weinwanderweges nicht gut, ich würde der Inszenierung allenfalls die Note „ausreichend“ geben. Das machen andere Weinbauregionen besser. Die Wanderung führt durch den Großteil der Weinlagen von Stuttgart. Ich hätte mir eine Kennzeichnung der Weinlagen gewünscht. Zudem haben es die Winzer verpasst, ihre Parzellen zu kennzeichnen und dadurch auf sich und auf ihre jeweils angepflanzten Rebsorten aufmerksam zu machen. Ich bin mir sicher, die Herkunft würde mehr Weinliebhaber interessieren als nur mich. Stuttgart, das kannst Du besser! Und wenn Du gerade dabei bist – die Beschilderung der Wegstrecke könnte auch eine Überarbeitung gebrauchen. So aus Perspektive eines guten Standortmarketings…

Das Collegium Wirtemberg am Weinwanderweg

Immerhin, das Collegium Wirtemberg, eine Weingärtner-Genossenschaft und mit seinen beiden Keltern in Uhlbach und Rotenberg größter Weinerzeuger in Stuttgart, beschildern den Weg zwischen Uhlbach und Rotenberg mit Info-Tafeln über die gängigsten Rebsorten. Etwa 30 Minuten nachdem wir Rotenberg verlassen haben, passieren wir die Kelter Rotenberg des Collegium Wirtemberg. Leider hat sie am Sonntag nicht geöffnet, die Terrasse mitten in den Reben hätte uns sicher eine zweite Pause machen lassen.

Kelter Rotenberg am Weinwanderweg
Kelter Rotenberg des Collegium Wirtemberg mit herrlicher Sonnenterrasse in den Weinbergen

Oberhalb von Untertürkheim zurück

Der Weg von Rotenberg zurück nach Obertürkheim ist zwar noch lang, aber es geht ab nun immer leicht bergab und so ist der Rückweg kein bisschen beschwerlich. Bis zurück zur Kirche in Obertürkheim verläuft der Wanderweg ausschließlich durch Rebhänge – nur der Ausblick verändert sich, je näher wir wieder dem Neckar kommen.

Denn hier zwischen Unter- und Obertürkheim ist der Neckar nicht etwa ein bilderbuchhafter Anblick, sondern er fließt entlang der Motoren-, Getriebe- und sonstigen Werke von Daimler und am Stromversorger EnBW vorbei. Aber das sind halt genau die reizvollen Kontraste, die zu Stuttgart gehören wie die Docks in Hamburg gegenüber dem Elbstrand.

Weinwanderweg oberhalb des Neckar in Untertürkheim
Blick aus den Weinbergen Richtung Neckar und Stuttgarts wichtigster Industrie

Unten angekommen verändert sich auch mein Blick auf den Sonnen-Besen des Weingutes Zaiß. Jetzt haben wir uns dort einen Schoppen Weißwein verdient und eine Vesper mehr als verdient!

 

Trotz der kleinen Einschränkung einer verpassten Inszenierung, der Weintripp durch Stuttgarts Gärten lohnt sich! Ob man nun Weinliebhaber ist oder nicht, der Ausflug ist definitiv sehr schön und eine Empfehlung wert. Abschließend noch der Link zum P+R Parkplatz am Bahnhof Obertürkheim bzw. zum S-Bahn Fahrplan:

Anfahrt (via Google Maps)

 

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